Am 27.06.2023 ist ein interessantes Interview mit der Professorin und Psychologin Corina Greven im Human Resources Manager erschienen. Der Titel lautet: „Es muss nicht sein, dass alle Hochsensiblen einen Burnout bekommen.“ Einige Aspekte des Interviews fasse ich in diesem Artikel zusammen.
Professorin Greven ist es wie mir ein Anliegen das Thema Hochsensibilität bekannter zu machen und mehr Bewusstsein zu schaffen. Eine Studie von ihr hat gezeigt, dass viele Hochsensible oft erst in persönlichen Krisen herausfinden, dass sie hochsensibel sind, beispielsweise durch einen Burn-out. Das kann ich aus eigener Erfahrung so komplett bestätigen.
Prof. Greven ist der Meinung, dass Menschen mit dem Wissen um ihre Hochsensibilität präventiv handeln und ihr Leben entsprechend gestalten können. „Das wirkt sich sehr positiv auf ihr Wohlbefinden und die psychische Gesundheit aus.“ Dies kann ich ebenfalls bestätigen und stimme ihr voll zu. Für mich war es ein absoluter Gamechanger zu erfahren, dass ich hochsensibel bin und hat vieles in meinem Leben verändert. Daraus ist auch mein Warum entstanden Hochsensible zu inspirieren und zu empowern sowie mit meiner Arbeit als ganzheitliche Beraterin zu unterstützen und zu begleiten.
Was zeichnet hochsensible Menschen aus?
Ausgehend von der englischen Definition der „Sensory Processing Sensitivity“ umfasst umfasst Hochsensibilität laut Professorin Greven verschiedene Aspekte, die sich auf das DOES-Modell beziehen. Dazu gehört, dass Hochsensible eine feinere Wahrnehmung für Details und Nuancen aus der Umgebung haben, auch wenn diese sehr subtil sind. Sie weisen eine höhere emotionale Reaktivität auf. Sie nehmen damit sowohl positive als auch negative Emotionen stärker wahr. Ebenso weisen sie eine hohe Empathie auf, sowohl emotional als auch kognitiv. Emotional bedeutet, dass sie die Emotionen anderer Menschen mitfühlen, kognitiv, dass sie die Gedanken und Absichten anderer schnell erkennen können. Eindrücke werden von hochsensiblen Menschen tiefer verarbeitet. Sie denken eingehende über Dinge nach und wägen u. U. alle Vor- und Nachteile ab. Das kann mit dazu führen, dass sie schnell das Gefühl haben überstimuliert zu sein.
Was ist Hochsensibilität?
In meinem Artikel „Hochsensibilität, was ist das?“ gehe ich mit vielen weiteren interessanten Fakten rund um das Thema darauf ein, was Hochsensibilität eigentlich ist. Die neueste Forschung ist ebenfalls berücksichtigt.
Wie kann man zuverlässig feststellen, ob eine Person hochsensibel ist?
Hochsensibilität kann als Persönlichkeitsmerkmal mittels eines Fragebogens erfasst werden, der das Sensibilitätsspektrum einer Person misst. Aus wissenschaftlicher Sicht empfiehlt Professorin Greven zwei Tests, die ich in meinem Artikel „Wie finde ich heraus, ob ich hochsensibel bin?“ mit weiteren Hintergrundinformation verlinkt habe.
Warum ist die Forschung über Hochsensibilität wichtig?
Das das Forschungsgebiet noch jung ist, gibt es große Lücken. Der Bedarf bei hochsensiblen Menschen ist jedoch hoch. Es fehlt noch an Bewusstsein für das Thema Hochsensibilität. Allein durch das Bewusstsein hochsensible zu sein, wird bereits viel gewonnen. Eine Interviewstudie von Professorin Greven hat gezeigt, dass hochsensible Menschen oft erst in persönlichen Krisen und durch psychische oder psychosomatische Erkrankungen herausfinden, dass sie hochsensibel sind wie bspw. nach einem Burn-out.
Personen, die wissen, dass sie hochsensibel sind, haben die Möglichkeit präventiv zu handeln und ihr Leben entsprechend an ihre Sensibilität anzupassen. Das kann sich sehr positiv auf das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit auswirken.
Wie hängt Hochsensibilität mit ADHS und Autismus zusammen?
Betroffen haben in allen drei Fällen das Gefühl, dass sie besonders empfindlich bei sensorischen Reizen wie beispielsweise Lärm reagieren und schnell überstimuliert und reizüberflutet sind. Laut Professorin Greven ist ADHS jedoch eine psychische Störung, die im sogenannten DSM-5 oder in Deutschland im ICD-11 aufgeführt ist und so durch Psychologinnen und Psychiater diagnostiziert werden kann. Hochsensibilität ist dagegen eine Persönlichkeitsveranlagung und keine Störung oder Erkrankung.
Viele Menschen mit ADHS sehen sich als hochsensibel an, die Wissenschaft ist hierzu ist widersprüchlich. Es zeigt sich aber nur eine kleine bis gar keine Korrelationen zwischen ADHS und Hochsensibilität.
Der Unterschied zwischen Autismus und Hochsensibilität zeigt sich in der Forschung im Bereich der Empathie. Hochsensible weisen ein besonders hohes kognitives Empathie-Empfinden auf, während bei Menschen mit Autismus durchschnittlich niedrigere kognitive Empathie-Werte zu finden sind.
Wie hängt Hochsensibilität mit Hochbegabung zusammen?
Häufig empfinden sich viele Hochbegabte als hochsensibel. Wissenschaftlich betrachtet gibt es bisher nur wenig Forschung zum Zusammenhang zwischen Hochbegabung und Hochsensibilität. Laut Professorin Greven wurde in den Niederlanden ein Modell der Hochbegabung aufgebaut, das auf den Erfahrungen von hochbegabten Menschen basiert. Zwar empfinden sich viele Hochbegabte hier subjektiv als hochsensibel und erfahren dies in ihrem Alltag, in Bezug auf die „Sensory Processing Sensitivity“ handelt es sich hierbei jedoch nicht unbedingt um Hochsensibilität.
Es gibt eine erste große Studie zum Thema Hochbegabung und Hochsensibilität, die von Veronique de Gucht im Jahr 2023 veröffentlicht wurde. Hier wurde klar, dass Hochsensibilität im engen Kontext auf „Sensory Processing Sensitivity“ bezogen kein Merkmal von hochbegabten Menschen ist.
Was ist für Hochsensible im Arbeitsumfeld wichtig?
Viele feinfühlige Hochsensible wünschen sich besonders ein angenehmes Arbeitsklima, was für sie einen hohen Stellenwert hat. Darüber hinaus ist eine Reduzierung von sensorischen Reizen zur Verminderung oder Vermeidung der Reizüberflutung ein zentrales Thema und wichtig. Dieses kristallisiert sich aus wissenschaftlichen Interviews heraus.
Reduktion von sensorischen Reizen
Das bedeutet, dass Hochsensible in ihrem Arbeitsalltag ein Umfeld brauchen, in dem sie die Möglichkeit haben sich zurückzuziehen und Reize möglichst auszublenden oder zumindest zu reduzieren. Ein Beispiel kann ein ruhiges Büro sein, in dem man auch mal die Tür zumachen kann. Unterstützend können auch Noise-Cancelling-Kopfhörer sein, mit denen äußere Reize reduziert werden können.
Strategien zum Umgang mit sensorischen Reizen und Stress
Darüber hinaus ist es wichtig die eigene Resilienz zu stärken und einen Umgang mit Reizen zu erlernen, da diese meistens niemals komplett abgeschaltet werden können und man kann ihnen nicht dauerhaft ausweichen kann. Es ist wichtig mit seiner Hochsensibilität zu leben und diese für sich anzuerkennen. Zu Strategien, die in Interviews von Hochsensiblen als hilfreich erwähnt werden, gehören Achtsamkeit, Meditation und auch Yoga.
Aufgrund der Tatsache, dass viele Hochsensible empfindlicher auf Stress reagieren, sind passende Strategien wichtig, um nicht an den Folgen von Stress zu erkranken. Hochsensible können auch in stressigen Berufen arbeiten, wenn sie gelernt haben damit umzugehen.
Welche Stärken haben Hochsensible?
Im beruflichen Kontext ist es ein großer Vorteil, dass Hochsensible die Bedürfnisse von Kolleginnen oder Kunden wahrnehmen und sich häufig gut in diese hineinversetzen können.
Es zeichnet Hochsensible ebenso aus, dass sie durch die gründliche Verarbeitungstiefe und gründliches Nachdenken vielfach solide Entscheidungen treffen, da sie sich in das Thema eingearbeitet und alle Vor- und Nachteile abgewägt haben. Der Blick für Details ist sehr ausgeprägt, gleichzeitig haben viele Hochsensible aber auch das große Ganze im Blick.
Wer ist Professorin Corina Greven?
Prof. Corina Greven hat einen Lehrstuhl in „Environmental Sensitivity“ am Radbound Universität Medical Centre in den Niederlanden. Ihre Forschungsgruppe untersucht die grundlegenden individuellen Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen. Ein Fokus liegt dabei auf der Frage, wie Reizüberflutung durch Informationen aus der Umwelt bzw. Umweltreize verhindert werden kann (z. B. durch Achtsamkeit).
Sie promovierte am Institut für Psychiatrie, Psychologie und Neurowissenschaften des King’s College London im Fach Entwicklungspsychiatrie und spezialisierte sich zunächst auf die Erforschung von ADHS bevor sie sich der Erforschung der Hochsensibilität widmete. Ihrer Meinung nach gibt es in der Forschung zu Hochsensibilität noch große Lücken und ebenfalls ein großes Bedürfnis von Betroffenen. Sie möchte hier etwas bewegen und die Forschung vorantreiben.
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