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Im Internet finden sich immer mehr Diskussionen rund um das Thema Hochsensibilität. Ich lese Schlagzeilen wie „neue Modeerscheinung oder Fakt?“. Dabei ist Hochsensibilität, auch Hypersensibilität und Hypersensitivität genannt, noch wenig erforscht. Viele Hochsensible tappen im Dunkeln und fühlen sich als Mängelexemplar falsch in dieser Welt.

Hochsensibilität ist weder eine Krankheit noch eine psychische Störung, sondern ein vererbtes Persönlichkeitsmerkmal. Die amerikanische Psychologin und Autorin Dr. Elaine N. Aron geht davon aus, dass ca. 20 % aller Menschen hochsensibel sind.

Es gibt auch kritische Stimmen zum Konzept der Hochsensibilität, aber für Hochsensible wie mich selbst ist es ungemein hilfreich und wichtig. Es hat meine Lebensqualität auf verschiedenen Ebenen verbessert, seitdem ich weiß, dass ich hochsensibel bin. Vieles, was vorher unklar war, macht jetzt Sinn. Ich kann mich selbst mehr annehmen und im Alltag besser in meiner Balance bleiben. Das wünsche ich mir auch für andere Hochsensible und sensible Menschen, weshalb es mir ein Herzensanliegen ist, das Thema bekannter zu machen und hochsensible Menschen zu begleiten.

Zum Begriff Hochsensibilität

Die amerikanische Psychologin und Autorin Dr. Elaine N. Aron hat im Jahr 1996 hat das Konzept der „Highly Sensitive Person“ (Hochsensible Person), kurz HSP, geprägt. Sie ist selbst hochsensibel und gilt als Pionierin in dem Forschungsgebiet der Hochsensibilität.

Der deutsche Begriff der Hochsensibilität ist wissenschaftlich nicht so klar definiert. Im Englischen wird der Begriff „Sensory Processing Sensitivity“ , kurz SPS, was übersetzt „sensorische Verarbeitungssensitivität“ bedeutet. Der Begriff umfasst verschiedene Aspekte der Hochsensibilität. Grundsätzlich wird von einer höheren Aufnahme- und Verarbeitungsbereitschaft des neuronalen Systems ausgegangen. Damit ist gemeint, dass Hochsensible offener für äußere und innere Reize wie beispielsweise Lärm oder Emotionen sind. Sie haben eine besonders sensible Reizverarbeitung. Reize werden viel weniger gefiltert und intensiver wahrgenommen, was schnell zu einer Überreizung des Nervensystems und damit zu einer Reizüberflutung führen kann.

Hochsensibilität als vererbtes Persönlichkeitsmerkmal ist nicht zu verwechseln mit der Persönlichkeitsveranlagung Introversion, auch wenn hier ein positiver Zusammenhang besteht. Es wird davon ausgegangen, dass ca. 70 % der Hochsensiblen introvertiert sind.

Die vier Hauptmerkmale von Hochsensibilität

Hochsensibilität beschreibt im Allgemeinen Menschen, die sensibler sind für positive und negative Reize aus der Umwelt. Darunter gibt es vier prägnante Eigenschaften, die viele Hochsensible aufweisen.

Ein Aspekt ist die tiefe Verarbeitung von Eindrücken und Informationen. Viele Hochsensible denken lange über erlebte Ereignisse nach und verbringen generell viel Zeit damit, nachzudenken und auch über verschiedenste Dinge und Themen zu grübeln. Sie haben eine feinere Wahrnehmung von subtilen Dingen, das kann beispielsweise die Stimmung einer Person sein, feine Details und Nuancen, die andere Personen nicht wahrnehmen. Sie nehmen Emotionen intensiver und stärker wahr, was auf eine erhöhte Reaktivität auf Emotionen hinweist. Hochsensibilität umfasst vielfach auch eine erhöhte Empathie, also ein hohes Einfühlungsvermögen und auch die Fähigkeit, die Gedanken und Absichten anderer Menschen schnell zu erkennen.

Dr. Elaine N. Aron fasst die genannten Hauptmerkmale im sogenannten DOESModell zusammen:

  • D: depth of processing = gründliche Verarbeitungstiefe und gründliches Nachdenken
  • O: overstimulation = Überstimulation oder Übererregung
  • E: emotional reactivity and empathy = emotionale Intensität und Empathie
  • S: sensing the subtle = sensorische Empfindlichkeit über die Sinne

Wie zeigt sich Hochsensibilität?

Hochsensibilität wird aufgrund von Vorurteilen leider häufig noch eher negativ bewertet. Entsprechend werden hochsensible Personen als „überempfindlich“, „zu sensibel“, „nah am Wasser gebaut“ und „nicht belastbar“ stigmatisiert. Der Begriff ist für viele noch schwammig und es wird sich in der Diskussion um Hochsensibilität eher auf negative Aspekte beschränkt. Dabei wird zum einen die Komplexität von Hochsensibilität komplett außer Acht gelassen, zum anderen die Tatsache, dass viele Hochsensible ohne Beeinträchtigung in ihrer Balance und in ihrer Stärke leben. Entsprechend fallen sie nicht weiter auf und somit auch nicht in den Mittelpunkt der Forschung oder der Aufmerksamkeit.

Hochsensibilität – das steckt wirklich dahinter | psychologeek, 16.09.2020

Ich möchte an dieser Stelle einen kurzen Überblick über ein paar (vermeintliche) Vor- und Nachteile darüber geben, wie sich Hochsensibilität zeigt. Letztendlich haben aber alle Aspekte der Hochsensibilität, bis auf die schnelle Reizüberflutung, die viele Hochsensible als negativ und belastend empfinden, sowohl Vor- als auch Nachteile. 

Nachteile

„Überempfindlich für Lärm, Gerüche oder andere sinnliche Reize und das so krass, dass man viel schneller erschöpft ist als andere und man im Alltag da ganz schön drunter leidet.“

Youtube-Channel „PsycholoGeek“ von „funk“ (ARD/ZDF)

Der Aspekt der Übererregung, also der schnellen Überreizung und damit einhergehenden Reizüberflutung ist ein zentrales Thema für Hochsensible. Für einige Hochsensible ist bereits der Besuch im Supermarkt mit der Lärmkulisse, dem grellen Licht und der Menschenansammlung eine Herausforderung und sie sind danach erschöpft und brauchen eine Pause, während es für andere überhaupt kein Problem darstellt. Generell versuchen viele Hochsensible große Menschenansammlungen zu vermeiden, da sie von der Vielzahl an Eindrücken, der Stimmung und auch den Emotionen schnell überfordert sind, wenn sie keine Möglichkeit haben sich zurückzuziehen. Oftmals brauchen sie auch eine länger Zeit, um sich von Erlebnissen wieder zu erholen.

Die sensorische Empfindlichkeit über die Sinne (Hören, Riechen, Schmecken, Fühlen, Sehen) bei Umweltreizen zeigt sich beispielsweise darin, dass Hochsensible Geräusche nicht ausblenden können. Ich kenne es selbst sehr gut, dass ich in der Bahn oder in einem Restaurant Nebengeräusche oder Gespräche am Nebentisch nicht ausblenden kann, obwohl ich mich gerade auf mein Gegenüber konzentriere.

Ich bin ebenso sehr empfindlich, was grelles und helles Licht betrifft. Wenn ich ohne Sonnenbrille aus dem Haus gehe, muss ich oft die Augen zusammenkneifen und bekomme sehr schnell Kopfschmerzen. Es tut mir auch nicht gut, abends noch zu spät auf den Laptop oder den Handybildschirm zu schauen, auch wenn ich eingestellt habe, dass die Displayfarben dann automatisch in ein wärmeres Farbspektrum wechseln. Das Blaulicht beeinträchtigt mich so stark und erhöht auch aus ayurvedischer Perspektive mein Vata, dass ich dann schlecht in den Schlaf komme und sich meine Schlafqualität dadurch erheblich verschlechtert. Ebenso machen mich die Pflegeetiketten in vielen Kleidungsstücken wahnsinnig, sie kratzen und stören mich und ich schneide sie meistens direkt raus.

Die emotionale Intensität und Empathie von Hochsensiblen zeigt sich darin, dass viele die Stimmung ihrer Mitmenschen bereits spüren, wenn diese den Raum betreten. Sie nehmen subtile Nuancen wahr, die anderen unter Umständen gar nicht auffallen. Dies kann zu einem Mitleiden führen und auch zu einem Weltschmerz. Einige Hochsensible übernehmen unbewusst die Emotionen anderer und können diese nicht von ihren eigenen unterscheiden oder abgrenzen und fühlen sich dadurch überwältigt.

Vorteile

Einige der oben genannten vermeintlichen Nachteile bringen auch viele schöne Seite mit sich.

Die sensorische Empfindlichkeit über die Sinne ermöglicht es vielen Hochsensiblen viel intensiver zu spüren und Dinge wahrzunehmen. Sie können sich beispielsweise komplett in einem Musikstück oder Kunstwerk verlieren und sich verzaubern lassen. Sie können schöne Düfte intensiver genießen und nehmen Farben detailreicher und bunter wahr. Ihr Leben ist dadurch im Positiven intensiver, bunter und facettenreicher.

Die emotionale Intensität und Empathie ermöglicht es Hochsensiblen, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Dies wirkt sich nicht nur positiv auf Beziehungen und Freundschaften aus, sondern ist auch im Berufsleben eine wertvolle soziale Kompetenz. Hochsensible fühlen und freuen sich von Herzen mit anderen. Sie haben häufig ein gutes Gespür für andere Menschen und eine ausgeprägte Intuition. Hochsensible nehmen schnell wahr, wenn jemand versteckte Absichten hat oder nicht authentisch ist.

Ein Aspekt der gründlichen Verarbeitungstiefe und des gründlichen Nachdenkens von Hochsensiblen ist, dass sie lieber tiefgehende Gespräche mit wenigen Menschen führen. Sie tun sich mit Small Talk schwer und sind gute Zuhörerinnen und interessante Gesprächspartnerinnen, da sie vieles hinterfragen, überdenken und oftmals vielseitig interessiert sind. Sie sind innovativ und es wird quasi nie langweilig, wenn die zwischenmenschliche Chemie stimmt.

Berühmte Hochsensible

Im Internet kursieren einige Namen von berühmten Persönlichkeiten, die hochsensibel sein sollen. Dazu gehören SchauspielerInnen, Künstler und Modeschöpfer wie Nicole Kidman, Marylin Monroe, Robin Williams, Vincent van Gogh oder auch Lady Diana.

Klar ist, dass die Sängerin Alanis Morissette hochsensibel ist. Sie ist ein Star der 90er und für ihre emotional tiefgründigen Songs bekannt. Sie spricht im Dokumentarfilm „Sensitive – The Unhold Story“ von und mit Dr. Elaine N. Aron über ihre Hochsensibilität. Sie sagt selbst, dass sie davon ausgeht, dass sie ohne ihre Hochsensibilität ihre Musik und auch ihren Erfolg nie gehabt hätte. Herausfordernd waren für sie die extrem anspruchsvollen Tourneen, bis sie erkannte, dass sie so nicht weitermachen kann und ihren Lebensstil angepasst hat, damit sie nicht ausbrennt.

Ein wunderschöner Song, der ausdrückt, was viele Hochsensible empfinden, heißt „I feel it all!“. Er ist von der schwedischen Sängerin Fia in ihrem Album „Legacy of Light“ 2017 veröffentlicht worden. Ob sie selbst auch hochsensibel ist, konnte ich offiziell bislang nicht herausfinden, ihr Songtext lässt aber darauf schließen.

Neueste Forschung zur Hochsensibilität

Ich freue mich darüber, dass das Interesse und die Aufmerksamkeit am Thema Hochsensibilität zunimmt. Dazu zählt besonders die Forschung von der deutschen Professorin und Psychologin Corina Greven. Sie untersucht mit ihrem Team in den Niederlanden am Radboud University Medical Centre die grundlegenden individuellen Unterschiede in der Empfindlichkeit gegenüber Umweltreizen. Sie möchte die Lücken in der Forschung schließen und mehr Bewusstsein für das Thema Hochsensibilität schaffen.

In ihrem Interview am 12.01.2023 über Hochsensibilität spricht sie darüber, dass Hochsensibilität noch wenig erforscht ist. Sie geht aber genau wie Dr. Elaine N. Aron davon aus, es sich um eine Persönlichkeitsveranlagung handelt.

Ausschnitt aus dem Interview über das Thema Hochsensibilität bei SWR1 mit Prof. Greven vom 12.01.2023. Das komplette Video ist unten in den Quellenangaben verlinkt.

Auf die Frage, ob das Thema Hochsensibilität nicht nur ein Hype ist und alle Hochsensiblen Neurotiker, die sich für etwas Besonderes halten, antwortet sie ganz klar. Hochsensibilität hat ihrer Meinung nach ein Imageproblem und ist mit negativen Vorurteilen und Mythen verknüpft, was die Fragestellung bereits verdeutlicht. Hier wird das Persönlichkeitsmerkmal Hochsensibilität mit Neurotizismus gleichgesetzt, was inzwischen wissenschaftlich sehr gut widerlegt werden konnte.

Weitere Aspekte zur Kritik am Konzept der Hochsensibilität sind weiter unten unter Punkt 6 aufgeführt.

Professorin Greven betont, dass das Thema Hochsensibilität sehr komplex ist und oftmals einseitig negativ dargestellt wird. Es gibt zwar Hinweise darauf, dass Hochsensible Stress erhöht wahrnehmen und damit auch ein erhöhtes Risiko haben an Stress zu erkranken, beispielsweise an Angststörungen, Depressionen oder einen Burn-out. Ebenso können psychosomatische Probleme wie Kopfschmerzen auftreten, aber dies ist kein Muss! Viele Hochsensible haben in ihrem Alltag keine Probleme und fallen damit gar nicht auf. Die Aufmerksamkeit liegt so automatisch auf negativen Auswirkungen und führt damit zum Imageproblem. Hochsensibilität hat ihrer Meinung nach viele Vorteile, da hochsensible Menschen auf emotionaler und kognitiver Ebene unglaublich emphatisch sind.

Aktuell ist Hochsensibilität noch kein Teil der psychologischen Ausbildung und wird in der klassischen Therapie nicht erfasst, da auch keine Störung oder Krankheit vorliegt. Professorin Greven setzt sich aber dafür ein, dass dies geändert wird, da u. a. das Bewusstsein hochsensibel zu sein für viele sehr wichtig ist, um das eigene Leben an die Sensibilität anzupassen und eine Überstimulierung zu reduzieren oder zu vermeiden. So ist es völlig legitim und auch notwendig für Hochsensible sich nach dem Umgang mit sensorischen Reizen, wie beispielsweise einer lauten und anstrengenden Partie, zurückzuziehen, Reize auszuschalten und für sich alleine zu sein. Den Umgang mit Reizen kann ich zwar nie komplett vermeiden, aber selbstwirksam damit umgehen und den Umgang mit Reizen auch erlernen.

Generell gilt es nicht, die Hochsensibilität an sich zu ändern, sondern negative Konsequenzen.

In ihrer bisherigen Forschung hat sich gezeigt, dass viele Hochsensible erst mit 30 Jahren im Zuge eines Problems wie einer Trennung oder einer Erkrankung wie einem Burn-out erfahren, dass sie hochsensibel sind. Hier ist entsprechend ein großer Bedarf an weiterer Forschung, an Ausbildung und an Bewusstsein.

In ihrem Interview vom 27.06.2023 mit dem Titel „Es muss nicht sein, dass alle Hochsensiblen einen Burnout bekommen“ spricht Professorin Greven weitere interessante Aspekte an.

Wie messe ich Hochsensibilität?

Beim Konzept der Hochsensibilität geht es in der Psychologie nicht darum, eine Art Label zu erzeugen. Dr. Elaine N. Aron weist in ihrer Forschung selbst darauf hin, dass ohnehin kein psychologischer Test auf dieser Welt so genau messen kann, dass ich daraufhin mein Leben komplett ausrichten sollte. Es geht auch nicht darum, zwischen hochsensibel und gar nicht sensibel zu unterscheiden, sondern um ein Spektrum, was erfasst wird, da jeder Mensch Reize unterschiedlich verarbeitet.

Entsprechend messen die Fragebögen das Sensibilitätsspektrum einer Person. Es gibt mehrere Tests im Internet, die in vielen Fällen jedoch nicht wissenschaftlich fundiert sind. Eine völlig optimale Methode gibt es aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht, aber Professorin Greven arbeitet daran, vorhandene Fragebögen zu verbessern. Sie empfiehlt den Fragebogen von Dr. Elaine N. Aron, da darauf bislang die meiste Forschung basiert. Ich habe den Test in meinem Artikel „Wie finde ich heraus, ob ich hochsensibel bin?“ verlinkt. Dort teile ich auch einen deutschen Test, den sie empfiehlt sowie Auszüge aus den Fragebögen.

Kritik am Konzept der Hochsensibilität

Der Vollständigkeit halber möchte ich an dieser Stelle auch auf andere Meinungen eingehen. Es ist zwar aus wissenschaftlicher Perspektive unumstritten, dass Menschen Reize und Erlebnisse höchst individuell und damit unterschiedlich verarbeiten, aber es gibt kontroverse Diskussionen zu den existierenden Fragebögen und dem Konzept der Hochsensibilität an sich.

Da das Forschungsgebiet noch recht jung ist, sind die bisherigen Fragebögen noch zu allgemein, was auch Professorin Greven bestätigt. So erreichen beispielsweise einige Menschen mit Angststörungen hohe Werte bei den Fragebögen zur Hochsensibilität, auch wenn hier nicht unbedingt eine Korrelation besteht. Bei der Kritik an den Fragebögen kommt allerdings nicht zum Tragen, dass sie Hochsensiblen helfen, ihr Sensibilitätsspektrum einzuschätzen und mit dem einhergehenden Bewusstsein auch einen optimalen Umgang mit ihrer Hochsensibilität zu finden. Dies kann die Lebensqualität positiv beeinflussen.

In der Psychologie gibt es einige Stimmen, die das Konzept der Hochsensibilität in bestehende und gut erforschte Konzepte einbinden möchten und nicht als separates Persönlichkeitsmerkmal sehen. So wird beispielsweise diskutiert, ob die Veranlagung Hochsensibilität nicht durch die sogenannten Big Five wie Neurotizismus erfasst werden kann. Professorin Greven sieht das als widerlegt an, da es nur mittelstark korreliert.

Hochsensibilität als Chance

Empfindest du Ablehnung im ersten Moment, wenn du realisierst oder gesagt bekommst, dass du hochsensibel bist? Das Gefühl kann ich sehr gut nachvollziehen und gebe dir hier einen Einblick in den Moment, als ich das erste Mal erfahren habe, dass ich hochsensibel bin. Ich fand es gar nicht gut.

Inzwischen lebe ich gut mit meiner Hochsensibilität und bleibe immer mehr in meiner Balance. Ich konzentriere mich auf die Vorteile, statt mich durch die Nachteile gefühlt einengen zu lassen. Natürlich ist es nicht immer leicht und alles super, das wäre schlichtweg gelogen, aber ich bin ich und das ist gut so. Ich stimme Oscar Wilde zu, dem das Zitat zugeschrieben wird: „Be yourself; everyone else is already taken.“ Sei du selbst, alle anderen sind bereits vergeben.

Hochsensible haben viele Talente. Sie sind einfühlsam, aufmerksam, innovativ, kreativ und sympathisch. Sie haben ein Auge für Details und erfassen schnell komplexe Sachverhalte, hinterfragen und denken mit. Ein schönes Bild ist der Vergleich mit einer Orchidee, die unter idealen Umständen unglaublich schön aufblüht, aber auch sehr schnell eingeht, wenn etwas nicht stimmt. Und da sind Orchideen sehr anspruchsvoll im Vergleich zu anderen Pflanzen.

Hochsensible bereichern entgegen vieler Vorurteile die Arbeitswelt, wenn die Rahmenbedingungen stimmen und Reizüberflutung im Rahmen der Möglichkeiten entgegengewirkt wird. Ein Büro am ruhigen Ende des Flurs statt neben dem lauten Aufzug oder dem viel besuchten Pausenraum kann hier zum Beispiel schon viel bewirken. Hier ist auch eine Chance zur Selbstwirksamkeit, auch wenn diese gegebenenfalls einen großen Schritt aus der Komfortzone bedeutet und Mut erfordert. Den Arbeitgeber aktiv auf Veränderungen anzusprechen und abzuklären, inwiefern das Umfeld anders gestaltet werden kann, kann bereits einiges positiv verändern. Dabei gilt es unter Umständen die Angst vor Ablehnung und das Gedankenkreisen, zu dem viele Hochsensible neigen, auszublenden. Statt von vornherein davon auszugehen, dass das ohnehin nichts ändern wird, den Schritt wagen und für seine Bedürfnisse einstehen und Veränderungen anregen.

Wo finde ich Unterstützung und Hilfe, wenn ich als HSP überfordert bin?

Das Gespräch mit dem Hausarzt des Vertrauens ist ein erster guter Schritt. Je nach Leidensdruck und Beschwerden kann auch direkt das Gespräch mit einem Psychotherapeuten hilfreich sein, auch wenn hier bei gesetzlich Versicherten die Wartezeiten lang sind und es schwierig sein kann, überhaupt einen Termin zu bekommen. In beiden Fällen ist es ratsam proaktiv auf das Thema Hochsensibilität hinzuweisen, da es nicht zur allgemeinen Ausbildung von Ärzten und Therapeuten gehört.

Unterstützung kann auch in Form einer guten Begleitung, Beratung oder eines Coachings erfolgen. Wichtig ist hier zum einen die Vertrauensbasis und zum anderen die Qualität der Begleitung. Unter Qualität verstehe ich hier keine Zertifikate, sondern die Arbeitsweise und Einstellung, die die Begleitung ausmacht.

Oft stellt sich die Frage, wie finde ich denn überhaupt einen guten Coach bzw. eine gute Begleitung?

Meiner Meinung nach ist ein Vorgespräch, in dem geklärt wird, ob eine Zusammenarbeit möglich ist und für beide Parteien infrage kommt, ein absolutes Muss. Dazu gehört auch, dass beide Parteien Zeit haben, nach dem Gespräch darüber nachzudenken. Werde ich als Coachee hier bereits gepusht und unter Druck gesetzt oder mit Angeboten gelockt, die eine künstliche Verknappung darstellen (z. B. innerhalb von 24 Stunden bekommst du 50 % Rabatt), dann heißt es bei einer persönlichen 1:1 Begleitung definitiv Finger weg! Jeder gute Coach kommuniziert auch offen und transparent, wenn er nicht die Möglichkeit sieht zu begleiten und verweist je nach Thematik an einen Spezialisten oder Therapeuten.

Es gibt viele tolle Coaches, die sich mit verschiedenen Herangehensweisen und Schwerpunkten auf das Thema Hochsensibilität spezialisiert haben. Nimm dir hier die Zeit zu recherchieren und hinzuschauen und jemand auszuwählen, dem du vertraust.

Melde dich gerne per Mail, wenn du hierzu allgemein Fragen hast oder ein kostenloses Vorgespräch mit mir führen möchtest. Ich begleite dich sehr gerne.

Fazit: Hochsensibilität muss raus in die Welt!

Ich möchte hier den Kreis schließen und auf die Einleitung zurückkommen. Das Konzept der Hochsensibilität ist für Hochsensible ungemein hilfreich und wichtig. Es hilft in die Selbstwirksamkeit zu kommen und die Lebensqualität zu verbessern. Es ist erschreckend und schade, dass viele erst mit 30 von ihrer Hochsensibilität im Rahmen einer persönlichen Krise oder Erkrankung erfahren. Das muss nicht sein und es muss sich etwas ändern!

Ich hoffe, mit meinem Blog und meiner Sichtbarkeit auf den sozialen Medien einen kleinen Beitrag zu leisten und bin gespannt darauf, was die weitere Forschung über das Thema Hochsensibilität ergibt. Ich bin dankbar, dass Hochsensibilität langsam mehr und mehr Aufmerksamkeit bekommt und freue mich über jede Hochsensible, die von dem Bewusstsein über ihre Hochsensibilität profitiert und ihren persönlichen Umgang damit findet.

Wenn du jemanden in deinem Umfeld hast, sprich die Person gerne darauf an und mache sie darauf aufmerksam. Da mag zu Beginn eventuell zwar Ablehnung sein, aber es kann Welten verändern!

Buchempfehlungen

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Aron, Elaine Nancy, Dr. (2011): *Sind Sie hochsensibel? Wie Sie Ihre Empfindsamkeit erkennen, verstehen und nutzen. mvg Verlag

Brackmann, Andrea (2017): *Jenseits der Norm – hochbegabt und hoch sensibel? Verlag Klett-Cotta. Ein Buch für Psychotherapeuten, bei dem die Autorin bewußt Wert darauf gelegt hat Fachwissen so zu vermitteln, dass es auch für Laien zugänglich ist.

Harke, Sylvia (2019): *Hochsensibel ist mehr als zartbesaitet. Die 100 häufigsten Fragen und Antworten. Verlag Via Nova

Harke, Sylvia (2017): *Hochsensibel. Was tun? Der innere Kompass zu Wohlbefinden und Glück. Verlag Via Nova

Nerenberg, Jenara (2021): *Divergent Mind. Thriving in a world that wasn’t designed for you. Harper Collins Publishers

Parlow, Georg (Nachdruck 2021): *Zart besaitet. Selbstverständnis, Selbstachtung und Selbsthilfe für hochsensible Menschen. Festland Verlag e.U.

Reichardt, Eliane (2020): *Hochsensibel. Wie Sie Ihre Stärken erkennen und Ihr wirkliches Potenzial entfalten. Irisiana

Usadel, David, Dr. (2020): *Die Ordnung der Schmetterlinge (Hochsensibilität. Ein etwas anderer Zugang als Roman). BoD – Books on Demand

Weitere Quellen

Interview zum Thema „Es muss nicht sein, dass alle Hochsensiblen einen Burnout bekommen“ mit Prof. Greven im Human Resources Manager vom 27.06.2023

Interview zum Thema „Hochsensibilität: Bin ich nur feinfühlig oder überempfindlich?“ bei SWR1 mit Prof. Greven vom 12.01.2023

Dokumentarfilm „Sensitive – The Unhold Story“ mit Alanis Morissette, basierend dem Buch „The Highly Sensitive Person“ von Dr. Elaine Aron

Video: Hochsensibilität – das steckt wirklich dahinter, Youtube-Channel „PsycholoGeek“ von „funk“ (ARD/ZDF) vom 16.09.2020

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